4. Januar 2018
Stephan Albrech

Stephan Albrech: Auf diesen Crash-Indikator ist Verlass

Über die Zunft der Ökonomen gibt es ein schönes Bonmot: Sie haben neun von fünf Rezessionen richtig vorhergesagt. Ähnliches hört man über Banken und manche Geldverwalter. Aber es gibt einen Indikator, der die Rezessionen und in deren Vorlauf jeden Aktiencrash korrekt prognostizierte: die Zinsstrukturkurve.

Stephan Albrech über die Zinsstrukturkurve als Füh-Indikator für eine Rezession

Was sich dröge anhört wie ein volkswirtschaftliches Seminar, hat es in sich. Die Frage, ob die Zinsen für längerfristige Kredite höher sind als die Zinsen für kurzfristige Darlehen, berührt den zentralen Lebensnerv der Marktwirtschaft: die Verfügbarkeit von Kapital. So vergeben Banken Kredite an die Wirtschaft vor allem dann mit leichter Hand, wenn die Spanne zwischen langen und kurzen Zinsen hoch ist. Für kurzfristige Einlagen wenig zahlen und für langfristige Kredite hohe Zinsen kassieren, lässt den Gewinn ansehnlich ausfallen. Man spricht dann von einer normalen Zinsstruktur, welche die Regel darstellt.

Liegen indes die kurz- über den langfristigen Zinsen, haben wir es mit einer umgekehrten Zinsstrukturkurve zu tun. Zu einer solchen inversen Kurve kommt es, weil entweder die Notenbank die kurzfristigen Zinsen anhebt und/oder weil Investoren eine Konjunkturschwäche befürchten und ihr Kapital vermehrt in langfristige Zinspapiere stecken, sodass die Nachfrage deren Rendite drückt. Banken macht der Geldverleih in dieser Konstellation keinen rechten Spaß, weil sie für die Refinanzierung der Kredite mehr zahlen, als sie damit verdienen. In der Folge treten sie bei der Kreditvergabe auf die Bremse – und sorgen so für Bremsspuren in der Realwirtschaft.

Die US-Notenbank hat die hohe Prognosequalität der inversen Zinsstruktur 2008 erkannt. In einer ausführlichen Analyse kam sie zu dem Ergebnis, dass professionelle Auguren bei der Vorhersage von Rezessionen schlechter abschneiden als das Modell, das auf dem Verhältnis von kurz- und langfristigen Zinsen basiert. Es gab zwar auch Rezessionen ohne eine inverse Zinsstruktur, doch nach einer inversen Zinsstrukturkurve kam es stets zur Rezession (Ausnahme 1998). Das bedeutet: Tritt dieses Phänomen auf, sollten Anleger auf der Hut sein. In aller Regel gehen einer Rezession spürbare Kursverluste am Aktienmarkt voraus oder begleiten den Abschwung der Wirtschaft. Der Grund ist, dass der Aktienmarkt als Frühindikator der Realwirtschaft die Probleme frühzeitig riecht und den Rückgang der Gewinne vorwegnimmt.

Über den Autor

stefanalbrechetf Stephan Albrech ist Vorstand der Albrech & Cie Vermögensverwaltung AG in Köln.