19. Januar 2018
Stephan Albrech

Stephan Albrech: Die Zinskurve mahnt 2018 zur Vorsicht

Wenn die kurzen über den langen Zinsen liegen, kam es stets zu einer Rezession. Diesen Zusammenhang hat die US-Notenbank vor einigen Jahren in einer Studie bestätigt und ihm eine weit bessere Trefferquote bescheinigt als den meisten Prognosen. Für 2018 sieht das Bild nicht gerade rosig aus.

Stephan Albrech über die Zinskurve und deren Auswirkungen in 2018

Bei einer solchen inversen, also umgekehrten Zinsstruktur, sollten Anleger auf der Hut sein. Im Vorfeld einer Rezession kommt es regelmäßig zu heftigen Abschlägen am Aktienmarkt, der als Frühindikator für die Realwirtschaft den Rückgang der Gewinne vorwegnimmt. Diese Abschläge können ganz schön ins Geld gehen. So verlor der breite US-Aktienmarkt in der ersten Ölkrise rund 40 Prozent. Im Oktober 1978, kurz vor der zweiten Ölkrise, waren es zehn Prozent. 1980/81 gab der S&P 500 etwa 30 Prozent nach, während der Index 1990 bis zu 17 Prozent verlor. Bei den großen Baissen von 2000 bis 2002 und von 2008/2009 stürzte der breite Markt teils um bis zu 55 Prozent ab.

Die aktuelle Lage lässt sich in der Grafik gut erkennen: Die rote Kurve zeigt den Renditeabstand der zehn- und der zweijährigen US-Staatsanleihen und die blaue Kurve den S&P 500-Aktienindex in den vergangenen 20 Jahren. Die blaue waagrechte Linie markiert die Null-Linie: Unterschreitet die rote Kurve die blaue Linie, sind die kurzen Zinsen höher als die langen – und die Gefahr für einen Kurseinbruch ist hoch. Dies war etwa in den Jahren 2000 und 2006 der Fall.

In der rechten Hälfte des Charts erkennen wir: Der Abstand der zehn- und zweijährigen Zinsen war 2011 mit einer Differenz von 2,8 Prozentpunkten am größten. Seither geht es unter starken Schwankungen abwärts. Ab dem Jahr 2014 verschärft sich der Abwärtstrend. Selbst die Trump-Wahl im Jahr 2016, die als großer Wendepunkt für die Zinsen ausgerufen wurde, entpuppt sich im Nachhinein nur als zeitweiliges Hoch in diesem längeren Abwärtstrend.

Aktuell liegt die Differenz zwischen zehn- und zweijährigen Anleihen bei nur noch 0,6 Prozent – und damit so niedrig wie zuletzt vor der Finanzkrise!

Für 2018 deshalb einen unweigerlichen Ausverkauf bei Aktien zu prognostizieren, wäre falsch. Dennoch kann man einige wichtige Schlussfolgerungen ziehen:

  1. Wir befinden uns in der Spätphase des Aufschwungzyklus.
  2. Solange die Null-Linie (horizontale Linie) nicht erreicht wird, ist voraussichtlich keine Rezession und in deren Vorfeld kein Kurseinbruch zu befürchten. Es ist durchaus möglich, dass sich der Trend (zeitweilig) umkehrt.
  3. Wird die Null-Linie erreicht, sollten Aktienanleger über Verkäufe nachdenken oder mit klar definierten Stopp-Kursen größere Verluste vermeiden.

Über den Autor

stefanalbrechetf Stephan Albrech, Vorstand der Albrech & Cie Vermögensverwaltung AG in Köln.