22. Juni 2017
Sichere Rendite dank ETF auf Pfandbriefe

Zeitenwende am Anleihenmarkt

Unter einer Zinsstrukturkurve können sich Laien nicht viel vorstellen. Am billionenschweren Markt für Staatsanleihen sind sie derzeit das Thema. Die Renditen lang laufender amerikanischer und deutscher Staatsanleihen sind seit Mitte letzten Jahres gestiegen. Investoren rechnen damit, dass sich der Trend auch in 2017 fortsetzt. Die Anleihenmärkte stehen vor einer Zeitenwende.

Für die höheren Renditen sorgte zunächst der gestiegene Ölpreis, der die Inflationserwartungen anheizte. Zudem will US-Präsident Donald Trump die US-Wirtschaft über Steuersenkungen und mit einem Infrastrukturprogramm ankurbeln. Der Motor der US-Wirtschaft läuft jedoch schon praktisch auf Vollbeschäftigung. Zusätzliche Investitionen dürften damit die Löhne und die Inflation nach oben treiben.

Inflation ist Gift für Anleihen, weil sie an den mageren Zinserträgen zehrt. Da die Inflationsgefahr in Zukunft steigt, fallen die Kurse langlaufender Anleihen besonders deutlich. Im Gegenzug ziehen ihre Renditen an, die Zinsstrukturkurve wird steiler. Denn die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe ist seit ihrem Tief bei 1,3 Prozent auf zuletzt etwa 2,3 Prozent geklettert. Die Rendite zweijähriger US-Papiere erhöhte sich dagegen nur um 0,6 Prozent auf 1,2 Prozent.

Dass auch die Renditen der Kurzläufer in den USA gestiegen sind, liegt an der USNotenbank. Sie hat den Leitzins erhöht und bereitet weitere Erhöhungen vor.

In der Eurozone sieht die Sache anders aus. Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte den Leitzins zunächst bei 0 Prozent halten. Der Einlagensatz liegt sogar bei –0,4 Prozent. Das hält die Anleiherenditen im Euroraum am kurzen Ende sehr niedrig. Die Rendite dreijähriger deutscher Bundesanleihen liegt nach wie vor bei historisch tiefen –0,7 Prozent. Die langlaufenden Anleihen können sich dagegen dem Renditeanstieg in den USA nicht entziehen. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen stieg seit ihrem historischen Tief von –0,2 Prozent auf zuletzt 0,25 Prozent. Die Anleiherenditen im Euroraum sollten auch künftig deutlich unter denen ihrer US-Pendants liegen. Aber die deutsche Zinsstrukturkurve scheint noch steiler zu werden als die der USA.

Die Zinsstrukturkurve zeigt die Renditeabstände zwischen festverzinslichen Wertpapieren. Anleihen mit kurzer Laufzeit bringen in der Regel weniger Zinsen als solche mit langer Laufzeit. Verbindet man die Renditen je nach Laufzeit in einem Diagramm, zeigt sich eine Linie, die sogenannte Zinsstrukturkurve.

Eine flache Zinsstrukturkurve beschreibt eine Phase an den Märkten, in der die Renditeunterschiede, etwa zwischen zwei- und zehnjährigen Anleihen, gering sind. Das waren sie lange Zeit. Die Bankbranche litt zuletzt unter dieser sehr flachen Zinsstrukturkurve, denn sie schmälert die Margen. Banken verdienen Geld damit, sich kurzfristig Geld zu niedrigen Zinsen zu leihen und es über längere Zeit teurer zu verleihen. Probleme hatten auch Versicherer, die ihre langfristigen Auszahlungsverpflichtungen mit ihren Einnahmen in Einklang bringen müssen. Das funktioniert nur, wenn die Renditen von langlaufenden Anleihen ausreichend hoch sind.

Dr. Marc-Oliver Lux ist Geschäftsführer der Dr. Lux & Präuner GmbH in München.