14. November 2019
Claus Hecher, Leiter der ETF-Geschäftsentwicklungsabteilung bei BNP Paribas Asset Management.

Immobilien-ETF mit soliden Nachhaltigkeitsergebnissen

BNP Paribas Asset Management legte, wie berichtet, einen ETF auf nachhaltige Immobilienaktienindizes auf. Das Extra-Magazin sprach zu dem neuen Immobilien-ETF, zum Bereich Nachhaltigkeit insgesamt sowie zu weiteren Themen mit Claus Hecher, Leiter der ETF-Geschäftsentwicklungsabteilung bei BNP Paribas Asset Management. 

BNP Paribas Asset Management bietet seit mehr als 10 Jahren ETFs auf Immobilienaktienindizes an und hat nun sein Angebot um eine „grüne Indexvariante“ ergänzt. Was ist darunter zu verstehen, wie interessant ist dieser Sektor aus Anlegersicht?

Das Angebot an nachhaltigen Immobilienportfolios ist zurzeit noch gering im Vergleich zu Anlageklassen wie Aktien und Anleihen. Unser ETF auf einen Immobilienindex, der systematisch Nachhaltigkeitsfaktoren berücksichtigt, ermöglicht Anlegern ihren CO2-Fussabdruck zu senken und einen Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung auf unter 2 Grad zu leisten.

Wer entscheidet über die Auswahl und was sind dabei die Auswahlkriterien?

Bei einem ETF gibt es anders als bei aktiven Fonds keinen Fondsmanager, der die Unternehmen aussucht. Diese Entscheidungen werden anhand des Indexregelwerks getroffen. Der FTSE EPRA/NAREIT Developed Europe ex-UK Green Index gewichtet seine Komponenten anhand von zwei Nachhaltigkeitskriterien: Energieverbrauch und Green-Building-Zertifikate. Somit werden die Indexkomponenten grundsätzlich neu gewichtet, um ein höheres Engagement in den Immobiliengesellschaften mit soliden Nachhaltigkeitsergebnissen in ihren Objektportfolios zu bieten.

Welche Bedeutung haben Immobilien-ETFs allgemein für das Gesamtportfolio, was sind dabei die Besonderheiten gegenüber anderen Aktien-ETFs, auf die Anleger achten sollten?

Für börsennotierte Immobilientitel spricht insbesondere die höhere Liquidität, die Anleger neben der Rendite und dem Inflationsausgleich überzeugt. kaufen, suchen neben einer adäquaten Rendite und einem Inflationsschutz. Ein weiteres Argument ist die niedrige Korrelation zu Aktien, Anleihen und Rohstoffen. Immobilienindizes erzielen somit eine echte Diversifikation im Portfolio.

Einer der Schwerpunkte von BNP Paribas Easy ETF ist bereits seit Jahren das Thema Nachhaltigkeit. Institutionelle Investoren nutzen schon seit längerer Zeit solche Investments, werden Sie nun auch bei Privatinvestoren mehr nachgefragt?

In der Tat wächst die Nachfrage nach nachhaltigen ETFs auch bei Privatinvestoren. Wir können dies zum Beispiel an den steigenden Abschlusszahlen für ETF-Sparpläne bei der Consorsbank * für unser Angebot feststellen. Die Vermögensverwaltung der Privatbanken bietet zunehmend Varianten an, die die Asset Allocation mit nachhaltigen Vermögensbausteinen im Kundendepot implementieren. Da spielen ETFs auf nachhaltige Indizes immer dann eine Rolle, wenn kostengünstige und transparente Lösungen gefragt sind.

Was sind die aktuellen und zukünftigen Trends im Bereich nachhaltige Indexfonds?

Nachhaltige Aktien-ETFs auf globale und regionale Indizes haben sich längst etabliert. Neu sind ETF, die konkrete Anlagethemen abdecken wie das der Kreislaufwirtschaft. Der BNP Paribas Easy ECPI Circular Economy Leaders UCITS ETF z.B. investiert in Unternehmen, die diese Idee der Ressourcenschonung weltweit nach vorne gebracht haben. Zudem bieten wir drei ETFs auf in Euro denominierte Unternehmensanleihen mit guter Bonität und Auswahl nach sozial verantwortlichen Regeln an, die sich in ihrer durchschnittlichen Laufzeit unterscheiden. Für andere Anleihetypen sehen wir durchaus noch Potential für Neuauflagen.

Die Konkurrenz im Bereich Nachhaltigkeit wird immer größer. Was unterscheidet beispielsweise den BNP Paribas Easy World SRI S-Series 5% Capped UCITS ETF von anderen Produkten auf ähnliche Indizes?

Das SRI-Indexkonzept schließt m ersten Schritt grundsätzlich Unternehmen aus dem Investmentuniversum aus, die in den umstrittenen Geschäftsfeldern Alkohol, Glücksspiel, Tabak, Rüstung, Feuerwaffen, Pornographie, gentechnisch veränderte Organismen und Kernenergie aktiv sind. Im zweiten Schritt werden nach einem Best-in-Class Ansatz alle Gesellschaften ergänzt, die hinsichtlich ihres ESG-Ratings (mindestens „BB“ auf einer siebenstufigen Skala zwischen „AAA“ und „CCC“), ihrer Sektorzugehörigkeit und Unternehmensgröße geeignet sind. Somit sollen materielle ESG-Risiken reduziert und Chancen identifiziert werden. Schließlich gelten Mindeststandards hinsichtlich der vom Kontroversen-Research vergebenen Punktzahlen bei der Analyse und Überwachung von Kontroversen wie Verstöße gegen internationale Normen von United Nations und relevanten Nichtregierungsorganisationen. Ziel ist die Minimierung von Reputationsrisiken. Themen sind dabei Umwelt, Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Lieferketten sowie die Unternehmensführung. Für unseren ETF haben wir eine Indexvariante mit einer Gewichtungsobergrenze i.H. von 5 Prozent pro Titel gewählt, um eine Konzentration des Indexportfolios zugunsten von Aktien mit der höchsten Marktkapitalisierung zu vermeiden. Der Zusatz „S-Series“ steht für strengere Umsatzgrenzen bei Ausschlüssen von Unternehmen, deren Tätigkeit unmittelbar mit fossilen Brennstoffen in Zusammenhang steht. Dies betrifft sowohl die Suche nach fossilen Energieträgern, deren Gewinnung, Verarbeitung, Transport und Lagerung als auch die Erzeugung von Strom aus solchen Rohstoffen. Für den Sektor Kernenergie gelten strengere Umsatzhöchstgrenzen. Mit dieser Variante haben wir ein Alleinstellungmerkmal, das wir so für die Anlageregionen Welt, Europa, Eurozone, USA, Japan und Schwellenländer unseren Anlegern anbieten.

Ein häufig geäußerter Vorbehalt gegenüber nachhaltigen Geldanlagen sind Renditeeinbußen im Vergleich zu traditionellen Anlagen. Wie sieht es bei diesem Index aus?

Der MSCI World SRI S-Series 5% Capped Index wird seit 30. November 2015 berechnet und weist eine durchschnittliche annualisierte Nettorendite von 9,88% auf, während der MSCI World Index 8,99% zeigt (Quelle: MSCI) 

Darüber hinaus bieten Sie auch einen Low Carbon-ETF an. Wie funktioniert dieser?

Bereits vor 11 Jahren haben wir diesen „Klassiker“ unter den nachhaltigen ETFs aufgelegt. Der von der Börse Euronext eingeführte Low Carbon 100 Europe® Index bildet die Wertentwicklung von 100 europäischen Großunternehmen ab, die im Hinblick auf CO2-Emissionen in ihrem jeweiligen Sektor am besten bewertet werden und keiner umstrittenen Tätigkeiten nachgehen, beispielsweise mit Waffen oder Rüstungsgütern handeln. Hier handelt es sich also um einen „Best-in-Class“-Ansatz, der nur die „Klassenbesten“ in den Index aufnimmt. Auf der Basis des Researchs der beiden Agenturen Carbone 4 und CDP wählt Euronext aus einem Ausgangsuniversum von 300 Firmen aktuell 91 Unternehmen aus, die in ihrer jeweiligen Branche die geringsten CO2-Emissionen ausweisen. Dazu kommen weitere 9 Firmen, die für das Thema Energiewende stehen und zu den 1.000 europäischen Unternehmen mit der größten Marktkapitalisierung gehören müssen. Sie müssen mindestens 50 Prozent ihres Umsatzes mit CO2-armen Technologien erwirtschaften und zu einem der folgenden sechs Sektoren gehören: alternative Energien, Bau, Strom, elektrische und elektronische Ausrüstung, industrielles Engineering und Verkehr.

BNP Paribas Asset Management legt viel Wert darauf, dass es seine Stimmrechte bei den Hauptversammlungen selbst wahrnimmt. Welche Vorteile hat das für den Anleger, warum sollte ich solche Produkte bevorzugen?

Anleger, die sich bewusst für nachhaltige ETFs entschieden haben, sollten Gewissheit haben, dass das Gesamtpaket stimmt. BNP Paribas Asset Management hat zu Beginn dieses Jahres bekanntgegeben, innerhalb von zwei Jahren ESG-Kriterien bei allen Investmentprozessen zu integrieren. Unser Sustainability Team mit über zwanzig Spezialisten ist auch für den Bereich Stewardship zuständig. Alle Stimmrechte, egal ob aus aktiv oder passiv gemanagten Fonds werden ohne Einschaltung von Dienstleistern selbst ausgeübt. Dabei werden alle Beschlussvorlagen kritisch geprüft, auch im Hinblick auf Nachhaltigkeitskriterien. Der Anteil der Gegenstimmen lag im Jahr 2018 weltweit bei 21,9 Prozent. Auf den verantwortungsvollen Umgang mit Aktionärsrechten sollte der ETF-Anleger seinen Anbieter durchaus prüfen.

Einer der Verkaufsschlager neben dem Nachhaltigkeitsbereich ist nach wie vor der ETF auf den US-Leitindex S&P 500. Was ist das Besondere daran, warum erwirtschaftet er unter dem Strich die höchste Nettorendite?

Wir vereinnahmen in unserem ETF auf den S&P 500 Index konstruktionsbedingt (synthetische Nachbildung eines Qualified Index) die Dividenden ohne Steuerabzug. Lediglich physisch replizierte ETFs zahlen je nach Domizilierung 15 – 30 Prozent Quellensteuer. Betrachtet man die aktuellen Daten zur US Dividendenrendite, liegen synthetische ETFs dieses Jahr rund 56 Basispunkte vor den physisch replizierenden ETFs. Das erklärt zunächst die generelle Outperformance der synthetischen ETFs gegenüber den physischen ETFs. Dass unser ETF im Vergleich zu anderen synthetisch replizierenden ETFs eine bessere Wertentwicklung aufweist, liegt in der Qualität unseres Index Portfolio Management Teams in Paris, das in einer offenen Architektur arbeitet. Dies bedeutet, dass es aus potentiellen Swap-Partnern im Rahmen der Auswahlprozesse diejenigen auswählt, die die besten Konditionen und Laufzeiten bieten und die beste Bonität aufweisen. Aktuell arbeiten wir mit insgesamt sieben Geschäftspartnern zusammen.

Das Jahr 2019 neigt sich dem Ende. Wie war BNP Paribas Asset Management mit dem Jahr zufrieden, was sind die Ziele für das kommende Jahr im ETF-Geschäft?

Wir freuen uns darüber, dass wir in Europa wohl zu den drei größten Anbietern von ETFs mit Schwerpunkt ESG gehören. Wir verwalten 4,9 Mrd. Euro in ETF- und Indexfondsanteilsklassen, die Indizes mit ESG- bzw. SRI-Kriterien abbilden (Stichtag: 23.10.2019, Quelle: BNP Paribas Asset Management). Der Fokus liegt im nächsten Jahr weiterhin auf nachhaltige Indexprodukte. Traditionelle Indexkonzepte haben es bei unseren Experten in der Produktentwicklung inzwischen schwer.