25. November 2016

Stefan Kuhn: Anleihen gehören in jedes ausgewogene Portfolio"

Seit knapp zwei Monaten ist der Anleiheexperte Stefan Kuhn neuer ETF-Vertriebsleiter im deutschsprachigen Europa bei Lyxor. Das EXtra-Magazin befragte ihn nach seinen ersten Erfahrungen in der neuen Position, den entsprechenden Herausforderungen sowie den Trends für 2017. Und natürlich beleuchtet Kuhn den Anleihemarkt.

Seit dem  1. Oktober sind Sie, Herr Stefan Kuhn, neuer Leiter Vertrieb für ETFs im deutschsprachigen Europa bei Lyxor. Wie haben Sie sich in den vergangenen Wochen eingearbeitet und wo möchten Sie sich in Ihrer neuen Position besonders einbringen, was möchten Sie bewegen, worauf freuen Sie sich besonders in der neuen Position?

Gemeinsam mit meinen Kollegen habe ich mir die Lyxor Produktpalette genau angeschaut, um herauszufinden, wo wir stehen, wo wir besonders gut aufgestellt sind und wo möglicherweise noch Anpassungsbedarf besteht. Sehr gut finde ich zum Beispiel unser Angebot im Bereich der physisch replizierten Anleihen-ETFs. Aus aktueller Sicht denke ich hier an unsere ETFs, die das Thema Inflation berücksichtigen. Einen gewissen Nachholbedarf sehe ich hingegen im Bereich nachhaltiger ETF-Strategien. Insgesamt ist Lyxor mit über 200, an 13 Börsenplätzen gelisteten ETFs aber sehr ordentlich aufgestellt.

Sie gelten als Anleihe-Experte. Bisher hat sich Lyxor vor allem auf Anleihen im Euroraum fokussiert. Inwieweit werden Sie sich an einer Erweiterung dieser Produktpalette einbringen, und in welchen Bereichen sehen Sie bisher vor allem noch Produktlücken, die es bei Lyxor zu schließen gilt?

Wir haben bereits eine Anzahl an ETFs auf nicht-europäische Anleihenindizes, wie z.B. US-Treasuries und US-TIPS, US -Corporates und US -High Yield sowie Emerging Market in USD. Währungsgesicherte Varianten dieser Anleihen-ETFs könnten ein logischer nächster Schritt sein. Aber auch das Thema Nachhaltigkeit bzw. „Green Bonds“ sowie Smart Beta sind Themen, die wir uns auf der Anleihenseite aktuell genau anschauen.

Bleiben wir beim Thema Anleihen. Welche Anleihetypen machen im aktuellen Nullzinsumfeld für den Anleger überhaupt noch Sinn?

Anleihen gehören meiner Meinung nach aus Diversifikationsgesichtspunkten in jedes ausgewogene Portfolio, auch bei diesem Zinsniveau. Wir haben in diesem Jahr ganz klar die Bewegung heraus aus Staatsanleihen hinein zu höher-rentierlichen Anleihen wie Corporates, High Yield und auch Emerging Markets gesehen. Ich kann die Suche nach höheren Renditen durchaus verstehen, gerade vor dem Hintergrund, dass die Ausfallraten auch in den eher risikobehafteten Anleiheklassen aktuell recht niedrig sind. Angesichts steigender Inflationserwartungen machen aktuell natürlich auch solche ETFs Sinn, die dem Anleger Schutz vor der Inflation aber auch vor dem Zins *änderungsrisiko bieten.

Inwieweit eignen sich ETFs aus Ihrer Sicht zur Abbildung von Anleihe-Märkten?

Sehr gut! Auch wenn die Fokussierung auf Indizes eindeutig von der Aktienseite kommt und bei vielen klassischen Fixed-Income Investoren eher nicht im Vordergrund steht, finde ich ETFs mit Blick auf die Asset Allocation – und für diese sind ETFs ja geradezu prädestiniert –  ideal. So muss man sich im Gegensatz zu Investitionen in einzelne Anleihen keine Gedanken um Re-Investitionen machen, wenn die Anleihe fällig ist, sondern ist ständig im gewählten Markt investiert.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Jahr 2016 aus Sicht von Lyxor?

Ich bin recht zufrieden. Das gilt insbesondere für Deutschland, wo wir im Verhältnis zu den anderen europäischen Märkten einen sehr hohen Anteil der von Lyxor insgesamt eingefahrenen Nettomittelzuflüsse verzeichnen konnten. Lyxor ist es gelungen, sich als führender ETF-Emittent auf der Anleihenseite zu etablierten. Abflüsse auf der Aktienseite konnten somit gut aufgefangen werden. Unsere Stellung als drittgrößter ETF Anbieter konnten wir behaupten, was uns zuversichtlich macht, dass es uns künftig gelingen sollte, noch besser vom wachsenden ETF Markt zu profitieren.

Welche Ziele stellt sich Lyxor für 2017, welche Trends erwarten Sie für die ETF-Branche insgesamt?

Für den Gesamtmarkt erwarten wir weiterhin einen positiven Trend, da wir davon ausgehen, dass immer mehr Investoren die Vorteile der ETFs für sich entdecken werden. Sei es als Beimischung für Ihr Depot oder als das Mittel der Wahl für die Asset Allocation. Für Lyxor im speziellen möchten wir unsere aktuelle Position als drittgrößter ETF Anbieter in Europa weiter ausbauen und uns bei noch mehr unserer Kunden als ETF Anbieter der Wahl etablieren. Der deutschsprachige Markt ist einer der größten in Europa! Auch das Wachstumstempo ist mit starken Zuwächsen in 2015 und in den ersten drei Quartalen dieses Jahres beeindruckend.

Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Investieren Sie eher lang- oder kurzfristig und spielen dabei auch ETFs eine wichtige Rolle, und wenn ja, warum?

Ich investiere grundsätzlich langfristig. Zum einen, weil ich nicht glaube, dass ich den Markt durch Einzeltitelselektion oder kurzfristige Asset Allocation mittelfristig schlagen kann. Zum anderen fehlt mir dafür schlichtweg die Zeit. Natürlich spielen ETFs dabei eine wichtige Rolle, da ich sie für die Asset Allocation eines Portfolios nicht zuletzt auch wegen der geringen Kosten für das ideale Investmentvehikel halte.

Zur Person: Stefan Kuhn ist neuer Leiter Vertrieb für ETFs im deutschsprachigen Europa: Mit seiner Expertise vor allem im Anleihenbereich wird Stefan Kuhn unter anderem dazu beitragen, die Produktpalette auf der Rentenseite beschleunigt weiter auszubauen. Kuhn begann seine Berufslaufbahn
1998 bei J.P. Morgan, wo er im Fixed Income Research sowie im Renten- und Aktienvertrieb tätig war. Von 2004 bis 2011 arbeitete Kuhn im Vertrieb für festverzinsliche Wertpapiere und
Zinsderivate bei Morgan Stanley. Danach wechselte er zur BNP Paribas, wo er ab 2012 für den Vertrieb von Zinsprodukten in Deutschland und Österreich verantwortlich war.