1. Dezember 2022
Markus Weis (SPDR): Die USA sind perspektivisch der attraktivere Markt

Markus Weis (SPDR): Die USA sind perspektivisch der attraktivere Markt

Das Jahr 2022 war von Krisen geprägt. Das spürten auch die Anlegerinnen und Anleger, sowohl privat als auch institutionell. Markus Weis, Country Head of Germany bei SPDR, hat uns im Interview erzählt, was wir im kommenden Jahr am Aktien- und Anleihenmarkt erwarten können und warum die USA wieder einen Blick wert sind.

Herr Weis, wie gehen Ihre Kunden mit der Krise um?

Unsere Beobachtung ist, dass sowohl institutionelle Investoren als auch Privatanleger besonnen mit dieser Krise umgehen. Natürlich wurde auf die Kursrückgänge reagiert und Portfolien zum Teil angepasst, aber überwiegend moderat und mit Augenmaß. Dass es einen Zinsanstieg geben wird, war ja auch schon seit langem bekannt. Dementsprechend hatten viele institutionelle Anleger zum Beispiel schon Short-Duration-ETFs bevorzugt. Und Privatanleger hatten ja zum Großteil überhaupt keine Renten-ETFs sondern überwiegend Aktien-ETFs. Dieser, im historischen Verhältnis, massive Kursrückgang bei Renten hat die meisten Investoren also nicht ganz überraschend getroffen, obwohl die Wucht dieser Zinswende am Ende doch stärker war, als viele erwartet hatten.

Was ist in den vergangenen Monaten am Anleihenmarkt passiert?

Wir haben am Rentenmarkt massive Kursverluste gesehen, zum Teil 20 bis 25 Prozent. Die eigentliche Balance, die Renten im Aktienportfolio leisten sollten, hat in diesem Jahr überhaupt nicht funktioniert. Sogar die (vermeintlich) sicheren Staatsanleihen sind quasi zeitgleich mit den Aktienmärkten deutlich gefallen. Das bedeutet in einem gemischten Portfolio aus Aktien und Renten, wie es zum Beispiel viele Vermögensverwalter oder Multi-Asset-Fonds haben, gab es sehr wenige Anlageklassen, die einen positiven Beitrag geleistet haben. Wenn ein Aktienportfolio 20 Prozent verliert, ist das nichts Ungewöhnliches, wenn aber ein Multi-Asset-Portfolio mit deutlich niedrigerem Risikoprofil 20 Prozent verliert, kann man von einem sehr schwierigen Jahr sprechen.

Markus Weis, SPDR
Markus Weis ist Country Head of Germany bei SPDR

Geht es denn wieder bergauf in den kommenden Monaten?

Aus unserer Sicht bietet der Rentenmarkt bereits wieder attraktives Einstiegspotenzial, weil es hier eben diese massiven Kursverluste gegeben hat. Selbst wenn die Notenbanken die kurzfristigen Zinsen noch weiter anheben, reden wir ja bei einem Renteninvestment über alle Laufzeiten, das heißt vor allem auch über mittlere und lange Laufzeiten, die die Zinserwartungen bereits eingepreist haben und sich dementsprechend auf einem neuen stabileren Zins *-Niveau eingependelt haben. Hier sind zum Beispiel Staatsanleihen und Unternehmensanleihen mit einer hohen Bonität ein solides Investment mit geringen Ausfallrisiken. Durch den massiven Zinsanstieg hat zwar ein starker Kursverlust in diesem Jahr stattgefunden, jetzt haben diese Anleihen aber wieder einen stattlichen Zinsertrag vorzuweisen.

Das heißt, wenn ich einfach bis zum Laufzeitende durchhalten würde, bekäme ich in europäischen Staats- und Unternehmensanleihen beispielsweise über den Euro Aggregate Bond Index wieder gut drei Prozent und in den USA über den US Aggregate Bond Index sogar bis zu fünf Prozent Zinsertrag. Das ist wieder ein attraktives Zinsniveau und wir sehen, dass Investoren auch zunehmend in Renten-ETFs investieren.

Wenn Sie einen kleinen Ausblick wagen, was wird nächstes Jahr relevant?

Wenn man es regional betrachtet, hat Europa durchaus größere Herausforderungen als die USA. Das liegt einfach an der Natur der Europäischen Union und auch an den Unterschieden, die wir von Norden bis Süden haben, sowie an den geopolitischen Auseinandersetzungen und der Energiekrise. Dagegen ist die US-amerikanische Wirtschaft generell robuster, auch wenn die Aussichten derzeit durch die massiven Zinsschritte der US-Notenbank etwas eingetrübt sind. Die Fed strebt mit ihrer Zinspolitik einen klaren Wendepunkt bei der Inflation an. Aus unserer Sicht scheinen die USA derzeit der attraktivere Markt, auf der Rentenseite, genauso wie auf der Aktienseite.

Investoren sollten strategisch überlegen welche Unternehmen in den USA solide und ertragreich wirtschaften und weniger anfällig für höhere Zinsen und die weltweiten geopolitischen Auseinandersetzungen sind. US-Unternehmen, die hauptsächlich inländische Umsätze erwirtschaften und stark am US-amerikanischen Heimatmarkt verankert sind, können von der wirtschaftlichen Stärke der USA profitieren. Diese Unternehmen haben aus unserer Sicht auch ein moderateres Risiko als etwa globale Unternehmen, die einen großen Teil ihrer Umsätze in Asien und Europa erwirtschaften. Investments wie beispielsweise in den S&P 400 Index, der die Mid-Caps in den USA abbildet, oder in den Russel 2000 Index, der die kleinen US-Unternehmen abbildet, sind Ideen, um von der wirtschaftlichen Stärke der US-amerikanischen Wirtschaft zu profitieren.

Tipp: ETF-Empfehlungslisten – hier findest du die besten ETFs zu allen wichtigen Anlageklassen.

Wenn wir einen Ausblick auf SPDR für das nächste Jahr wagen, was steht da bevor?

Wir wollen zukünftig noch stärker partnerschaftlich mit Banken, Direktbanken und Online-Brokern zusammenarbeiten, um Anlegern einen besseren und auch günstigeren Zugang zu unseren SPDR ETFs zu schaffen. Unsere hochwertigen und kostengünstigen ETFs sollen noch mehr Privatanlegern helfen ihre finanziellen Ziele zu erreichen. Wir legen großen Wert auf unsere Transparenz und Verlässlichkeit als ETF-Anbieter.

Beispielsweise haben wir keine synthetischen ETFs im Angebot, das heißt, Anleger können sich darauf verlassen, dass das, was als Anlageklasse auf unserm Produkt steht, auch drin ist. Außerdem verzichten wir auf das Verleihen der Wertpapierleihe in unseren Renten- und breiten Aktien-ETFs. In einem immer schneller wachsenden ETF-Markt, bei dem es für Privatanleger immer mehr ungeeignete ETF-Produkte gibt, wollen wir der vertrauensvolle und verlässliche Partner unserer Anleger sein.

Welche Trends sehen Sie am Aktienmarkt und am Anleihenmarkt für 2023?

Trends gibt es immer eine ganze Menge aber die Frage ist, ob Anleger davon wirklich profitieren. In den letzten Jahren haben wir viele Mittelzuflüsse in Richtung thematischer ETFs gesehen. Wir glauben, dass Anleger dabei aber sehr genau hinschauen und überlegen sollten, ob es sich wirklich um ein langfristiges Investment-Thema handelt. Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass Themen und Trends häufig in Fonds und ETFs aufgegriffen werden, nachdem diese schon eine sehr starke Wertentwicklung hinter sich hatten. Wenn man dann die zukünftige Wertentwicklung über einen längeren Zeitraum betrachtet, zum Beispiel über fünf oder zehn Jahre, bleiben diese Themen-Investments häufig hinter der Wertentwicklung des Gesamtmarktes zurück.

Wir von SPDR sind überzeugt, dass eine ausgewogene Anlage aus breit gestreuten globalen Aktien- und Renten-ETFs dem Anleger langfristig die besten Ertragsaussichten beschert. So können Anleger zum Beispiel mit dem MSCI ACWI IMI Index den gesamten weltweiten Aktienmarkt von über 9000 einzelnen Unternehmen mit nur einem ETF abdecken und so von der Wertentwicklung der gesamten Weltwirtschaft profitieren.