29. Juli 2019
DWS-Experten Ferat Öztürk, verantwortlich für den Vertrieb an Robo-Advisors  und Eric Wiegand, Leiter Vertriebsstrategie Xtrackers.

DWS Experten sehen Robo-Advisors auf einem guten Weg

Digitale Vermögensverwalter, auch Robo-Advisors genannt, kommen bei immer mehr deutschen Anlegern an. Wir haben die DWS Experten Ferat Öztürk, verantwortlich für den Vertrieb an Robo-Advisors und Eric Wiegand, Leiter Vertriebsstrategie Xtrackers, gefragt, wie sie den Markt einschätzen und worauf Privatanleger achten sollten.

Herr Öztürk, der Robo-Advisory-Markt ist noch relativ jung. Wie lautet Ihr Zwischenfazit nach fünf Jahren digitale Vermögensverwaltung in Deutschland?

Ferat Öztürk: Das Thema ist nun beim Privatanleger angekommen. Aktuell wird der deutsche Robo-Advisory-Markt auf circa 3 bis 3,5 Milliarden Euro geschätzt. Das bedeutet, dass diese noch sehr junge Branche bereits stark gewachsen ist und trotzdem noch viel Luft für weiteres Wachstum hat. Robo-Advisors wecken mittlerweile nicht nur das Interesse von Privatinvestoren, auch große Banken, Vermögensverwalter und Versicherer sind inzwischen bei deutschen Robo-Advisors beteiligt. Natürlich gab es auch Prognosen von Marktteilnehmern mit zu hohen Erwartungen, die sich nicht erfüllt haben – da lag die Latte schlicht zu hoch. Unserer Meinung nach ist die digitale Vermögensverwaltung in Deutschland auf einem guten Weg.

Was trauen Sie dem Segment nach einem rasanten Wachstum beim verwalteten Vermögen in den kommenden Jahren noch zu?

Ferat Öztürk: Grundsätzlich rechnen wir mit weiterem Wachstum. Prozentual gesehen wird dieses Wachstum vielleicht niedriger sein, aber die Basis des verwalteten Vermögens der Robo-Advisors ist jetzt auch höher. Das Modell der digitalen Geldanlage wird unserer Meinung nach in Zukunft als Alternative oder Ergänzung zu den klassischen Vertriebswegen unverzichtbar. Wir gehen davon aus, dass die einzelnen Anbieter Ihren Service und die Produkte weiter differenzieren werden. Eine Möglichkeit ist, die persönliche Beratung stärker einbinden und ein hybrides Modell anzubieten. Anschließend wird sich zeigen, inwieweit das Angebot der Robo-Advisors insbesondere in der Kundenwahrnehmung eine echte Konkurrenz gegenüber den klassischen Angeboten sein kann.

Nach unseren Erkenntnissen verwalten deutsche Robos gut drei Milliarden Euro. Die Hälfte davon wird bereits von einem Anbieter verwaltet. Da bleibt für die restlichen rund 40 digitalen Vermögensverwalter nicht mehr viel übrig. Werden also neben Werthstein und Prospery demnächst eine ganze Menge weiterer Anbieter aufgeben müssen?

Ferat Öztürk: Dieses Muster ist typisch für junge Märkte, dass es nach einer ersten Wachstumsphase zu einer Konsolidierung oder auch zu Zusammenschlüssen kommt. Auch für den Robo-Advisory-Markt ist eine solche Entwicklung durchaus möglich. Ein Trend, der bereits erkennbar ist, sind verstärkte Kooperationen der Robo-Advisors mit Vertriebspartnern, um Marketing und Akquise effizienter zu gestalten.

Herr Wiegand, im Vergleich zur klassischen Geldanlage über einen herkömmlichen Vermögensverwalter oder die Hausbank wird der Robo-Markt wohl auch auf absehbare Zeit relativ klein sein. Wird der Markt irgendwann einen ähnlichen Durchbruch bei Privatanlegern schaffen wie in den USA? Und wenn ja, wann?

Eric Wiegand: Der Vergleich mit den USA ist schwierig, weil Robo Advisor dort einen erheblichen zeitlichen Vorsprung haben und im US-Markt eine digitale Plattformökonomie schon wesentlich weiterentwickelt ist. Hier wird die gesamte Wertschöpfungskette der Geldanlage innerhalb vieler Banken bereits digital abgebildet. Damit sind auch die Berater oft bereits stärker eingebunden. Zudem ist der US Markt insgesamt deutlich größer was einen direkten Vergleich schwierig macht. Im deutschen Marktumfeld ist auch persönliches Vertrauen ein zentraler Bestandteil. Robo Advisor benötigen daher Zeit, um Anleger von sich mit nachhaltig guten Ergebnissen zu überzeugen.

Wie viele Anbieter sehen Sie dann am Markt?

Eric Wiegand: Das hängt von vielen Faktoren ab. Auf der einen Seite kann es zu einer Konsolidierung kommen, auf der anderen Seite ist der deutsche Privatanleger-Markt sehr attraktiv für neue Wettbewerber. Es ist durchaus möglich, dass wir auch noch neue Marktteilnehmer sehen.

Die meisten digitalen Vermögensverwalter setzen auf ETFs. In welcher Form möchte Xtrackers im Konzert der Robo-Advisors mitspielen, Herr Öztürk?

Ferat Öztürk: Für uns sind die Robo-Advisors wichtige Kunden. Sie sind für uns als ETF- Anbieter der natürliche Partner schlechthin, da Robo-Advisors den Grundgedanken zum Portfoliobau mit ETFs in der Regel ganzheitlich umsetzen. Entsprechend haben wir Veranstaltungen zum Thema Digitalisierung und Robo-Advisory organisiert und stehen mit allen Anbietern im Dialog. Unser Anspruch ist es allen Robo-Advisors einen Mehrwert über die reine Produktlösungen hinaus zu bieten.

Verbraucher stehen vor der Qual der Wahl. Worauf sollten diese achten, bevor sie sich für einen Robo-Advisor entscheiden? Was gilt es bei der Auswahl zu beachten?

Eric Wiegand: Der Vorteil der Robo-Advisors ist ja gerade, dass sie sehr transparent sind. Das heißt, Anleger können recht schnell an die notwendigen Informationen kommen, wie die Anlagestrategie definiert ist, wie das Risikomanagement aufgebaut ist, welches Anlageuniversum genutzt wird. Viele Anbieter bieten auch Kundenhotlines oder persönliche Ansprechpartner an, bei denen man sich genauer informieren kann. Anleger sollten diese Informationsangebote nutzen, um zu entscheiden, welcher Robo für sie der geeignete ist. Die Kosten spielen natürlich auch einer Rolle, sollten aber nie das einzige Kriterium sein. Die Strategie, die Chancen und Risiken müssen zu den persönlichen Anlagezielen passen, da unterscheidet sich ein Robo-Advisor nicht von einer klassischen Vermögensverwaltung.

Lesetipp der Redaktion: In der Extra-Magazin-Ausgabe August/September 2019 beleuchten wir auch dieses Thema.