30. März 2019
Sebastian Külps

Vanguard: "Die Interessen unserer Kunden stehen immer im Mittelpunkt"

Anders als andere Fondsgesellschaften beruht Vanguard auf einem Genossenschaftsmodell. Seit knapp einem Jahr ist Vanguard nun mit einem eigenen Büro in Frankfurt vertreten. Das Extra-Magazin sprach dazu mit Sebastian Külps, Vanguard-Leiter für Deutschland und Österreich.

Seit Mitte 2018 ist Vanguard auch mit einem eigenen Büro in Frankfurt vertreten. Was unterscheidet Vanguard von anderen ETF-Anbietern, die bereits auf dem deutschen Markt tätig sind?

Das stimmt, wir haben unser Büro in Frankfurt im Juni 2018 eröffnet und sind mittlerweile mit einem Team von 10 Mitarbeitern am Markt vertreten. Der sicherlich bedeutendste Unterschied zu anderen Anbietern liegt in unserer genossenschaftlichen Struktur. Vereinfacht gesagt verfolgen wir das Ziel: die Interessen unserer Kunden immer in den Mittelpunkt zu stellen, und  Kosten für Anleger zu senken. Im Gegensatz zu unseren Mitbewerbern haben wir keine Aktionäre oder Privateigentümer, die hohe Gewinne verlangen – sondern wir gehören unseren amerikanischen Fondsanlegern, sie sind unsere Besitzer. Aufgrund dieser genossenschaftlichen Struktur können wir unsere Gewinne in Form niedrigerer Gebühren an unsere Investoren zurückgeben.

Das Besondere an Vanguard ist die Genossenschaftsstruktur des Emittenten in den USA. Warum gilt diese Struktur nicht auch in Europa und wie sicher ist die Gesellschaftsstruktur als GmbH in Deutschland für die Anleger hierzulande?

Da haben Sie recht: die US Struktur lässt sich in Deutschland, beziehungsweise in Europa aus regulatorischen Gründen nicht 1:1 replizieren. Da die Niederlassungen in Europa, und dazu gehört auch das Frankfurter Büro, aber unserem amerikanischen „Mutterschiff“ gehören, können wir trotzdem den Skaleneffekt, den die genossenschaftliche Struktur in den USA mit sich bringt, in Europa anwenden. So stellen wir sicher, das der „Vanguard-Effekt“ in Europa und so auch hier in Deutschland voll greift.

Was sind die wichtigsten Ziele für 2019 und darüber hinaus? Können Anleger im neuen Jahr mit neuen ETFs von Vanguard rechnen?

2019 ist für uns das erste vollwertige Jahr im Markt mit unserem neu augestellten Team und einem eigenen Büro. Daher ist eins ganz klar: wir wollen in Deutschland weiter wachsen, sowohl was Mitarbeiter, als auch unsere Produkte anbelangt. Zunächst gilt es aber, den Vertrieb mit unserem neu aufgestellten Team weiter zu etablieren. Im Lauf des Jahres planen wir mehrere ETF-Projekte vorzustellen. Wir wollen so unsere Produktpalette ausbauen und neue Bereiche ansprechen.

Wie schafft es Vanguard, die Kosten so zu drücken?

Lassen Sie es mich so erklären: unsere gesamte Produktpalette ist auf Effizienz und Skalierbarkeit getrimmt, und aufgrund unserer genossenschaftlichen Struktur können wir unsere Gewinne in Form niedrigerer Gebühren an unsere Investoren zurückgeben. Letztlich konkurrieren wir in erster Linie mit uns selbst, da wir jedes Jahr die Gebühren weiter senken wollen. Das, wie gesagt, ist der Vanguard-Effekt. Darum bieten wir unsere Fonds und ETFs weltweit im Durchschnitt zu einem Preis von 0,11 Prozent an. Und eine Anmerkung noch: wenn die Gebühren in der Investmentbranche sinken, haben doch am Ende alle Anleger etwas davon, weil mehr Ertrag für sie übrig bleibt.

Wie hoch ist per Ende Januar das bei Vanguard investierte Anlagevolumen und wie hoch waren die Nettomittelzuflüsse im vergangenen Jahr?

Per 31. Dezember 2018 verwaltete Vanguard Assets in Höhe von USD 4,9 Billionen. Im Jahr 2018 hatte Vanguard einen Net Cash * in-flow von USD 230 Milliarden. Damit war 2018 das fünfte Jahr in Folge für Vanguard mit einem Nettomittelzufluss über USD 200 Milliarden.

Wie ist Vanguard mit den ersten Monaten nach dem Deutschland-Start zufrieden?

Wir sind durchaus zufrieden, denn Deutschland ist für uns ein sehr wichtiger Markt mit enormem Potential. Und wir sind sehr dankbar für die vielen Anleger, die uns bereits jetzt in Deutschland ihr Vertrauen schenken.Aber wir müssen dranbleiben und weiter ausbauen,  denn bisher liegt  relativ wenig Geld der Deutschen im Kapitalmarkt, hier möchten wir den Anleger bei einem langfristigen Vermögensaufbau unterstützen. Die staatlichen Renten in Deutschland sinken proprotional zum letzten Gehalt, Renditen auf Fest- und Tagesgeld sind über die Jahre ebenfalls stark geschrumpft. Die Anlage in Kapitalmärkte ist daher ein wichtiger Baustein im langfristigen Vermögensaufbau. Somit müssen wir vor allem auch für Langzeit-Sparer attraktiver werden, und hier bieten unsere Produkte Investoren einen Zugang zum Kapitalmarkt in Form von breit aufgestellten Portfolios, und dies zu Konditionen, die in der Vergangenheit häufig nur institutionellen Anlegern zugänglich waren.

Anders als andere Emittenten setzt Vanguard auf FTSE-Indizes. Was ist der Grund?

Stimmt. Dies tun wir hauptsächlich bei unseren Aktien- ETFs sowohl aus Kosten- als auch aus Qualitätsgründen. In einigen unserer Publikumsfonds arbeiten wir nach wie vor mit MSCI Indizes. Bei unseren Aktien-ETFs bevorzugen wir den FTSE,da wir von der breit diversifizierten Indexpalette und den vorteilhaften Kosten überzeugt sind..

Welche der derzeit in Deutschland aufgelegten 25 Vanguard-ETFs konnten seit dem Deutschlandstart die meisten Anlagegelder an sich ziehen?

Das ist von Kundengruppe zu Kundengruppe sehr unterschiedlich. Im Retailbereich ist zum Beispiel der FTSE All-World UCITS ETF sehr beliebt. So gesehen ist das sicherlich auch einer der ETFs, der unsere Einzelbausteine und damit unsere Philosophie sehr gut beschreibt: breit aufgestellt und langfristig orientiert, und mit 0.25% auch kostentechnisch durchaus interessant aufgestellt.

Seit drei Jahren bietet Vanguard auch Smart-Beta-Produkte an. Welche der Strategien ist derzeit am erfolgreichsten?

Das größte Interesse bei unseren aktiv gesteuerten Faktor ETFs haben wir momentan im Vanguard Global Value Factor Ucits ETF zu verzeichnen. Auf die letzten beiden Jahre gesehen hat der Vanguard Global Momentum Factor Ucits ETF die höchste Rendite erzielt, aber das ist natürlich nur eine Momentaufname.

Vanguard senkte in diesem Jahr die Research-Ausgaben an seinem europäischen Hauptstandort London von fünf auf zwei Millionen US-Dollar. Was ist der Grund dafür und was hat dies für Konsequenzen? Und welche Konsequenzen hat Mifid 2 für das Research von Vanguard in Deutschland und der Eurozone?

Das ist so nicht ganz korrekt. Durch die Mifid II Regulierung müssen wir unsere geschätzten Research-Kosten offen legen. Im Jahr 2017 wurden diese Ausgaben speziell für extern zugekaufte Research auf circa USD 5 Millionen geschätzt. Das ist wie gesagt nur eine Schätzung gewesen, denn letztlich kann man den extern eingekauften Researchgebrauch nie ganz genau voraussagen. So hat sich herausgestellt, das wir da eher konservativ gerechnet haben, denn für dieses Jahr (2019) sind die erwarteten Kosten wie Sie schon sagen mit USD 2 Millionen angesetzt. So sind diese Kosten nicht als „cost cut“ oder Senkungen anzusehen, sondern als eine Anpassung der Schätzungen. Diese Kosten unterstreichen ebenfalls unsere  weitreichenden internen Researchmöglichkeiten.

Die vier von Vanguard definierten Anlageprinzipien seit John Bogle sind: Ziele definieren, Balance in der Asset Allokation wahren, auf Kosten achten und Disziplin bewahren. Was hat es damit auf sich?

Sie haben völlig recht, und das steht im Einklang mit unserem selbstgestellten Auftrag, die Interessen aller Anleger zu vertreten. Wir stehen für Fairness und sind nur einem Ziel verpflichtet: dem Anlageerfolg unserer Kunden. Daher vertreten wir vier Prinzipien für eine erfolgreiche Vermögensanlage. Diese Prinzipien basieren darauf, klare und realistische Ziele zu setzen, jedes Anlagevermögen auf breit diversifizierte Fonds zu verteilen, Kosten zu minimieren und langfristig zu planen, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

Wir schlagen im EXtra-Magazin immer vor, ETFs mit über 100 Millionen Euro zu wählen, damit sie nicht liquidiert werden. Jetzt schloss Vanguard einen Wandelanleihen-ETF mit einem investierten Volumen von knapp einer Milliarde US-Dollar. Müssen Anleger also damit rechnen, dass bei Vanguard auch solch fondsvolumenstarken ETFs geschlossen werden?

Das ist eine Frage der Skalierbarkeit. Unsere Richtlinien und unser Bestreben orientieren sich nach dem besten Nutzen für unsere Investoren. So haben wir hier nach sorgfältiger Prüfung entschieden, dass der Fonds bei Anlegern keine breite Akzeptanz gefunden hat und sicherlich auch trotz der nominalen Größe ein eher kleiners Vanguard-Produkt war. Somit war eine geringere Skalierbarkeit gegeben, bei der wir unserem Anspruch der kontinuierlichen Kostensenkung für unsere Anleger nicht gerecht werden konnten. Einen ausführlichen Artikel dazu lesen Sie in der Extra-Magazin-Ausgabe April/Mai 2019.