5. Dezember 2022
Kommentar: Darf man in ein Land wie China wirklich investieren?

Die aktuelle Lage in China hat drastische Konsequenzen – auch für Anleger

China wird aktuell von der nächsten Corona-Welle überrollt und dennoch hält Präsident Xi Jinping bisher an seiner Null-Covid-Strategie fest. Das führt zu steigendem Unmut in der Bevölkerung und hat negative Auswirkungen auf die Aktienmärkte. Wie ist die aktuelle Situation und was bedeutet sie für Anlegerinnen und Anleger?

Ende November registrierten die chinesischen Behörden 31.444 Coronavirus-Neuinfektionen innerhalb eines Tages. Das ist verglichen mit anderen Ländern und gemessen an der Bevölkerungszahl zwar kein besonders hoher Wert. Aber es ist der höchste Wert in China seit dem Ausbruch der Pandemie. Die Null-Covid-Politik des Staatschefs Jinping gilt damit bewiesenermaßen als gescheitert. Dennoch wird scheinbar weiter daran festgehalten.

Als wäre das nicht genug, kam es Ende November zu zwei verheerenden Bränden, bei denen mehrere Menschen ums Leben kamen. Der Wohnungsbrand in Ürümqi, einer Millionenmetropole im Nordwesten Chinas, bei dem zehn Menschen ums Leben kamen und zahlreiche weitere verletzt wurden, gilt als Auslöser der landesweiten Proteste. Stimmen wurden laut, die Null-Covid-Politik des Präsidenten Xi Jinping und die damit verbundenen Maßnahmen haben die Rettungsaktion verlangsamt und dadurch den Tod der Bewohner verursacht.

Massive Proteste in China

Seitdem kommt es in Peking, Shanghai und anderen Großstädten zu massiven Protesten. Die Demonstrierenden richten ihren Unmut dabei nicht nur auf die Null-Covid-Strategie. Sie protestieren auch gegen Zensur, das System und mitunter auch offen gegen den Staats- und Parteichef. Kristin Kupfer, Professorin am Institut für Sinologie der Universität Trier und Senior Associate Fellow am Mercator Institut für Chinastudien, erklärt in einem NDR-Interview: „Viele Leute haben schon verstanden, dass diese Proteste ein systemisches Phänomen sind. Es geht nicht mehr nur um lokale Willkür, darum, dass einzelne Kader vor Ort die Covidpolitik nicht richtig umgesetzt haben. Es hat eine Zentralisierung der Unzufriedenheit stattgefunden. Und viele Leute haben verstanden: Das ist etwas mit System, das ist etwas, hinter dem letztlich Xi Jinping steht.“

Laut Medienberichten könnte es sein, dass nun Bewegung ins politische Geschehen kommt. Im chinesischen Staatsfernsehen wird über eine Sitzung berichtet, die auch die Corona-Politik zum Thema hatte. Während des Treffens soll die aktuelle Lage diskutiert worden seien, wobei Null-Covid als Strategie angeblich nicht erwähnt wurde. Manche vermuten und hoffen daher auf ein Umdenken der Regierung, andere sehen es einzig als Kommunikationsmaßnahme, nicht aber als tatsächlichen Schritt weg von der Null-Covid-Politik.

Börsen reagieren umgehend, Anleger sind verunsichert

Die Ausbreitung des Virus und das Festhalten an der bisherigen Strategie sorgte für einen Einbruch der chinesischen Börsen. Der Kurs der Onlineplattform Alibaba sackte über zwölf Prozent ein, die Wertpapiere des Elektroautoherstellers BYD verloren fast zehn Prozent. Den niedrigsten Stand seit zwei Jahren hatte der Shanghai Composite Index mit einem Verlust von über fünf Prozent, der Hang Seng büßte sogar sechs Prozent ein. Die Sorge um die chinesische Wirtschaft ist groß, schließlich kommt es seit fast drei Jahren zu massiven Produktions- und Lieferkettenproblemen – verursacht durch die drastischen Lockdowns auf Basis der Null-Covid-Strategie in China.

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Hinzu kommt der China-Taiwan-Konflikt, der weiterhin droht zu eskalieren. Die chinesische Wirtschaft wächst so langsam wie seit einem halben Jahrhundert nicht. Experten rechnen nur mit einem Wachstum von ca. drei Prozent, also deutlich weniger als das von der Regierung angepeilte Ziel von 5,5 Prozent. Die Anleger weltweit sind verunsichert. Das hat auch Auswirkungen auf nicht-chinesische Aktien, wie die von Apple. Beim Zulieferer Foxconn kommt es derzeit zu Massenprotesten – angefacht durch die landesweiten Proteste sowie die mehr als fragwürdigen Arbeitsbedingungen. Verzögerungen bei der Produktion sind die Folge und es droht ein Verfügbarkeitsproblem beim neuen iPhone-Modell. Zwei Prozent abwärts ging es für die Apple-Aktie nach Medienberichten über die Situation.

Die chinesische Wirtschaft muss deutliche Einbußen verkraften. Anlegerinnen und Anleger scheuen dadurch nicht nur chinesische Aktien, sondern werden auch risikoscheuer, was die Wertpapiere von Unternehmen betrifft, die mit China verbunden sind. Die Situation wird sich nicht innerhalb kurzer Zeit ändern. Aber es bleibt zu hoffen, dass tatsächlich ein Umdenken des chinesischen Staatschefs stattfindet, was den Umgang mit der Corona-Pandemie betrifft.