19. Juli 2022
So sichert man im Ruhestand sein Vermögen in der Krise

So lässt sich im Ruhestand das Vermögen in der Krise sichern

Viele ältere Anleger mit einigen hunderttausend Euro Vermögen sind tief verunsichert: Frisst die aktuelle Krise ihre Ersparnisse und Anlagen für den Ruhestand auf? Was können sie als Ruheständler jetzt konkret tun, um ihr Vermögen zu sichern und nachhaltig anzulegen?

Gehen wir von folgender Ausgangslage aus: Ein Ehepaar, beide um die 60 Jahre, hat soeben den vorzeitigen Ruhestand begonnen, als Inflation, Zinswende und Ukraine-Krieg die Börsen gen Süden schicken. Die Großeltern, die beide Renten beziehen, verfügen über ein Vermögen von 600.000 Euro. Ihnen ist wichtig, wegen ihrer Enkel und Kinder nachhaltig zu investieren. Aufgrund ihres Alters/Risikoprofils wünschen sie regelmäßige Zinszahlungen von explizit nachhaltigen Unternehmen. Sie sind bereit, einen Teil ihres Vermögens in Aktien anzulegen.

Vorbereitung auf den Ruhestand

Spätestens mit Beginn des Ruhestands sollte die Liquidität so erhöht werden, dass sie für drei Jahre ausreicht. Dadurch soll vermieden werden, dass Aktien billig in einen Abschwung hinein verkauft werden müssen, weil man dringend Geld benötigt. Dieses Modell erfordert immer wieder taktische Umschichtungen in liquide und/oder sehr risikoarme Anlagen und sollte während des gesamten Ruhestands beibehalten werden. Aber: Das heißt entgegen einer weit verbreiteten Meinung nicht, dass ältere Anleger Aktien meiden müssen. Im Gegenteil! Schließlich hat ein Portfolio zu Beginn des Ruhestands einen wahrscheinlichen Zeithorizont von 20 bis 25 Jahren. Wer die Rendite-Chancen, die der Aktienmarkt über eine so lange Zeit bietet, nicht nutzt, handelt quasi fahrlässig – insbesondere in Zeiten mit höherer Inflation.

Das Portfolio

Nach ausführlicher Beratung durch einen Vermögensverwalter entscheidet das Ehepaar: Das Portfolio soll hälftig auf Aktien und Zinspapiere (Renten) nachhaltig wirtschaftender Unternehmen aufgeteilt werden. Zuvor wird der benötigte Betrag für zwei Jahre entnommen. Auch das Geld für ein weiteres Jahr wird abgezweigt und wandert in eine konservative Geldanlage.

Die Hälfte der Aktienquote von 50 Prozent fließt in einen Fonds, der bei Aktienabschwüngen die Positionen im Portfolio absichert. Dadurch können Verluste im Vergleich zum sonstigen Aktienmarkt deutlich reduziert werden, was die beiden Ruheständler besser schlafen lässt. Zudem orientiert sich dieser Fonds an einem Index, der als Vorbild für Nachhaltigkeit gilt und zwei Mal im Jahr neu bestimmt wird. Die zweite Hälfte des Aktienanteils wird auf neun nachhaltige Aktien-Fonds und -ETFs verteilt.

Insgesamt 50 Prozent des Portfolios wandern in nachhaltige Anleihen. Dieses Geld wird auf fünf aktiv verwaltete Rentenfonds verteilt, die nach teils sehr unterschiedlichen Prinzipien arbeiten. Darin finden sich Fonds mit globalen Rentenpapieren, mit variabel verzinslichen Anleihen oder mit Mikrofinanz-Krediten.

Der Entnahmeplan

In bestimmten Abständen werden Dividendenzahlungen, Ausschüttungen der Rentenfonds sowie angefallene Kursgewinne bei Aktien abgeschöpft, um den Liquiditäts-Topf zu füllen. Selbst ein deutlicher Abschwung am Aktienmarkt dauert in aller Regel nicht länger als zwei bis drei Jahre. Daher sollte unser Topf mit liquiden Mitteln für zwei Jahre und sehr konservativen Anlagen für ein Jahr ausreichen, um im Ruhestand gut durch eine Schlecht-Wetter-Phase am Aktienmarkt zu kommen. Mit zunehmenden Alter kann das Ehepaar die Rentenquote erhöhen und die Aktienquote senken.

Der Vermögensausblick

Das Depot sollte über die Dauer eine jährliche Rendite von drei bis vier Prozent abwerfen. In drei Jahren kommen so rund 60.000 Euro zusammen, die sukzessive in den Liquiditäts-Topf fließen. Bei einem Geldbedarf von 20.000 Euro jährlich wird der Kapitalstock somit quasi erhalten. Werden 40.000 Euro im Jahr benötigt, schmilzt das Depot jährlich um etwa 20.000 Euro ab, wobei noch die Abgeltungssteuer zu berücksichtigen ist.

Diese Kolumne ist Teil einer Serie zur erfolgreichen nachhaltigen Geldanlage von Andreas Enke. Der unabhängige Vermögensverwalter ist auch Vorstand von VenGA e.V., des Vereins zur Förderung ethisch-nachhaltiger Geldanlagen. Auf www.v-Check.de können sich Anleger für die Webinare von Andreas Enke anmelden.

Über den Autor: Andreas Enke

Andreas Enke, Vorstand der Geneon Vermögensmanagement AG, Hamburg