3. September 2014
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Der Fluch der Euphorie?

Getrieben von einer durchwegs positiven konjunkturellen Sicht vieler Volkswirte starteten die Marktteilnehmer mit einem ordentlichen Schuss Optimismus ins Börsenjahr 2014.

Nach sieben Monaten haben sich viele Hoffnungen auf ein tolles Börsenjahr zerschlagen. Dies trifft vor allem wieder einmal auf die europäischen Märkte zu, die sich im Vergleich zu den US-Börsen deutlich schlechter entwickelt haben.

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Roland Idecke  

Dabei war die Ausgangslage doch so vielversprechend. Mario Draghi hatte signalisiert, dass man seitens der EZB das zarte Pflänzchen der konjunkturellen Erholung in Europa unterstützen werde, die Renditen bewegten sich trotz des angekündigten Taperings in den USA weiter auf sehr niedrigen Niveaus und zeitgleich ließen die realen Wachstumsraten in Europa eine leichte Aufwärtsdynamik erkennen. Es war nach Jahren der gefühlten Zurückhaltung somit nur eine Frage der Zeit, dass bei vielen Investoren, Konsumenten und Einkaufsmanagern das fortwährende Predigen der konjunkturellen Erholung und der fortschreitenden Stabilisierung in Europa in den Köpfen eine gewisse Euphorie auslöste.

Während der letzten Monate wurden nun die BIP-Prognosen ein Stück weit der Realität angepasst. Die Analysten erwarten laut Bloomberg-Konsensschätzung für die USA in diesem Jahr ein Wachstum von 1,7 Prozent (Jahresanfang 2,6 Prozent) und 3,0 Prozent für 2015, für den Euroraum 1,0 Prozent (Jahresanfang 1,0 Prozent) und 1,5 Prozent, in China 7,4 Prozent (Jahresanfang 7,5 Prozent) und 7,2 Prozent sowie beispielsweise in Frankreich 0,7 Prozent für 2014 (Jahresanfang 0,8 Prozent) und 1,3 Prozent für 2015.

Würde man diese Veränderungen in den BIP-Schätzungen eins zu eins auf die Entwicklung der Aktienmärkte übertragen, hätte man eine schlechtere Tendenz an den US- Aktienmärkten und eine bessere für die europäischen Aktienmärkte erwarten können. Doch ausgerechnet die Börsen in den USA schwangen sich zu immer neuen Höhen auf, während die europäischen Märkte nun zum größten Teil auf Jahresbasis im Minusbereich angelangt sind.

Somit halten wir fest, dass diese unterschiedlichen Entwicklungen an den Börsen weniger bei fehlerhaften konjunkturellen Prognosen der volkswirtschaftlichen Abteilungen zu suchen sind, sondern vielmehr der Fehlinterpretation der Prognosen durch die Investoren geschuldet ist. Während die US-Unternehmen nämlich trotz der vorübergehenden Schwäche im ersten Quartal auf eine solide Entwicklung in den Unternehmensbilanzen verweisen können, dominierte in Europa der Glaube an die Konjunkturlokomotive Deutschland und das Prinzip Hoffnung.

Ob nun ausgelöst durch die Unruhen in Osteuropa oder die Zinsdiskussionen in den USA – die Investoren haben sich in den letzten Wochen scheinbar daran erinnert, dass dies alleine nicht ausreichen wird, die zwischenzeitlich deutlich angestiegenen Bewertungen zu rechtfertigen. Denn nach wie vor kämpfen viele europäischen Unternehmen mit strukturellen Problemen und konnten die Gewinne nicht in dem Maße ausbauen, wie dies erwartet worden war.

Mit der deutlichen Korrektur an den europäischen Märkten wurde diese Übertreibung nun zum größten Teil wieder abgebaut und eine solide Basis für die kommenden Monate geschaffen. Solange sich die geopolitischen Faktoren nicht zu einem Extremszenario entwickeln, sehen wir gute Chancen, dass sich die Aktienmärkte in Europa in den kommenden Monaten wieder in Richtung alter Höchststände entwickeln. Ein Überschreiten dieser erwarten wir jedoch frühestens dann, wenn die Unternehmensgewinne in Europa eine deutliche Aufwärtsdynamik aufweisen können. In den USA bleibt unser Bild ebenfalls weiter konstruktiv, da wir nur eine maßvolle Zinsanpassung ab dem kommenden Jahr erwarten.