Warum für das Alter vorsorgen?

Die gesetzliche Rente reicht nicht als Altersvorsorge. Zur Finanzierung des Lebensabends ist eine private oder betriebliche Zusatzvorsorge erforderlich.

„Die Rente ist sicher“ – ein Wahlslogan des damaligen Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung Norbert Blum (CDU) aus dem Jahr 1986, der sich wie kaum ein anderer Spruch in die Köpfe der Deutschen eingebrannt hat. Eine gestiegene Lebenserwartung sowie geringere Geburtenraten zwangen die damalige Bundesregierung, auf die demographische Schieflage in Deutschland zu reagieren: In einem ersten Schritt wurde das Rentenniveau abgesenkt. Zahlreiche weitere Reformen und Rentenanpassungen anderer Regierungen folgten, das Rentenniveau sinkt seitdem kontinuierlich. Vor der ersten Senkung im Jahr 1985 lag das Netto-Rentenniveau vor Steuern noch bei 57,4 Prozent, aktuell beträgt es 46 Prozent, bis 2030 wird es auf 43 Prozent sinken.

Im folgenden Beitrag erläutern wir, warum jeder zusätzlich zur gesetzlichen Rente privat oder betrieblich vorsorgen muss.

Umlageverfahren stößt bei Altersvorsorge an Grenzen

Die Finanzierung der Rente erfolgt durch das sogenannte Umlageverfahren. Das heißt, der Beitragszahler spart nicht für seine eigene Rente, sondern finanziert die Rente der aktuellen Rentnergeneration. Das funktionierte viele Jahrzehnte, solange zahlreiche Kinder geboren wurden.

Mit dem deutlichen Absinken der Geburtenrate von 2,37 Kindern pro Frau im Jahr 1960, der sogenannten Babyboomer-Generation, bis heute auf 1,57 Geburten veränderte sich jedoch die Alterspyramide deutlich. Die Folge: Mussten 1962 noch 6 Beitragszahler eine Rente erarbeiten, so waren es im Jahr 2014 bereits nur noch 2 Beitragszahler. Im Jahr 2030 wird dann jeweils ein Beitragszahler für einen Rentner aufkommen müssen. Doch nicht nur die Anzahl der Senioren, auch die eigentlich erfreuliche steigende Lebensdauer belastet die Renten: 1950 erreichte gerade 1 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung ein Lebensalter von über 80 Jahren, 2050 soll es bereits jeder siebte Deutsche sein.

Niedrige Renten für Bevölkerung

Die sogenannte Standardrente, lag im Westen 2018 bei rund 1.284 Euro, im Osten bei 1.230 Euro. Voraussetzung dafür ist aber, dass der jeweilige Beitragszahler 45 Jahre in die Rentenkasse einzahlt und einen bundesdeutschen Durchschnittsverdienst nachweisen kann. Dieser lag in den alten Bundesländern bei 34.999 Euro und in den neuen Bundesländern bei 29.870 Euro.

Tipp: Mit der Standardrente (Eckrente) wird die Rente beschrieben, die jedem zusteht, der mindestens 45 Jahre in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt hat. Sie ist ein Idealmodell und eine fiktive Rechengröße und berücksichtigt viele Parameter wie zum Beispiel eine Unterbrechungen der Arbeitszeit oder Lohnerhöhungen nicht.

In diesem Fall erhält der Rentner für das Jahr einen Renten- bzw. Entgeltpunkt. Werden diese beiden Rentenparameter überschritten, gibt es mehr Rente, werden sie unterschritten, gibt es Abzug. Da gerade in der heutigen Zeit mit immer flexibleren Arbeitsverhältnissen nur selten die Anforderungen für diese Standardrente erfüllt werden, fällt die Rente bei vielen deutlich geringer aus.

Schon jetzt liegt die Durchschnittsrente bei Männern im Westen bei nur 1.130 Euro und bei nur 1.226 Euro im Osten, Frauen bekommen gerade einmal 647 Euro im Westen und 962 Euro im Osten. Die höhere Rente insbesondere bei Frauen im Osten ergibt sich daraus, dass in der früheren DDR die Mehrzahl der Frauen berufstätig war.

Durchschnittsrente 2018MännerFrauen
West1.130 Euro647 Euro
Ost1.226 Euro962 Euro

Anhebung des Renteneintrittsalters

Eine weitere Senkung des Rentenniveaus ergibt sich durch die stufenweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre. Dabei steigt das Renteneintrittsalter bis zum Geburtsjahrgang 1958 um jeweils einen Monat, zwischen den Jahrgängen 1959 um zwei Monate pro Jahrgang. Alle Beitragszahler ab dem Geburtsjahrgang 1964 gehen mit 67 Jahren in Rente. Es sei denn, sie können 45 Arbeitsjahre vorweisen, dann ist der Renteneintritt bereits ab dem 63. Lebensjahr ohne Abschläge möglich. Jeder Monat vorzeitiger Renteneintritt hat monatliche Rentenabschläge von 0,3 Prozent zur Folge.

Vielen droht im Rentenalter die Grundsicherung

Geringverdiener müssen künftig mit der Grundsicherung vorliebnehmen. Die liegt bei Alleinstehenden bei maximal 432 Euro und bei Paaren bei 389 Euro pro Person. Hinzu kommen die Kosten für angemessene Unterkunft inklusive Heizkosten und Krankenversicherung. Dafür muss der Antragsteller sämtliche Vermögensverhältnisse offenlegen, auch Einkünfte aus Zusatzrenten werden angerechnet. Vorhandenes Vermögen muss zunächst aufbrauchen, bevor eine Grundsicherung beansprucht werden kann. Bei alleinstehenden beträgt das sogenannte Schonvermögen 5 000 Euro, bei Verheirateten oder Partnern insgesamt 10 000 Euro. Angemessener Wohnraum und Hausgrundstück sowie ein Auto als Grundlage für Arbeitsaufnahme werden nicht angerechnet.

Tipp: Mit dem extraETF Rentenplaner können Sie genau berechnen wieviel sie sparen müssen, um im Alter über ausreichend Geld zu verfügen.  

Warnung vor drohender Altersarmut in Deutschland

Angesichts dieser vorliegenden Fakten warnte bereits im Jahr 2012 die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) die Verantwortlichen in Deutschland vor einer drohenden Altersarmut spätestens mit Eintritt der sogenannten Babyboomer-Generation ins Rentenalter.

Zusätzliche Vorsorge ist unvermeidbar

Aus diesen Fakten wird klar ersichtlich: Die gesetzliche Rente reicht nicht aus, um auch den Lebensabend finanziell sorgenfrei zu genießen. Als Faustregel gilt: 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens reichen, um im Rentenalter ausreichend versorgt zu sein. Mit Rentenlücken-Rechnern, welche zum Beispiel der Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI) anbietet, kann sich jeder Beitragszahler seine individuelle Rentenlücke errechnen.

Um die Rentenlücke zu schließen, müssen Beitragszahler neben der gesetzlichen Altersvorsorge auch auf die anderen beiden Säulen der Altersvorsorge zugreifen, die betriebliche Vorsorge und die private Vorsorge. So haben Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf eine betriebliche Altersvorsorge. Dabei wird vom Arbeitgeber ein bestimmter Anteil vom Gehalt steuer- und sozialabgabenfrei in ein entsprechendes Altersvorsorgeprodukt eingezahlt. Zusätzlich ist auch eine private Altersvorsorge mit ihren verschiedenen Anlagemöglichkeiten möglich. Gerade ETFs können sowohl bei der zweiten als auch bei der dritten Säule der Altersvorsorge ein wichtiges und zentrales Element sein.

Tipp: Im nächsten Beitrag erfahren Sie mehr über die wichtigsten Missverständnisse beim Thema Altersvorsorge.

Autor Katja Brauchle

Katja Brauchle
Katja Brauchle ist eine erfahrene Online-Redakteurin mit einem Schwerpunkt auf Finanzthemen. Nach zwei Jahren Festanstellung bei extraETF ist sie nun nebenberuflich als freie Redakteurin tätig. Sie arbeitet derzeit als Content Strategy Managerin bei der Augsburger Allgemeinen.