23. April 2013
goldbarren

Gold: Mehr Gründe für An- als für Abstieg

Der Goldpreis ist stark eingebrochen. „Trotz dieser Turbulenzen haben sich die fundamentalen Gründe, die für eine Goldbeimischung in einem breit gestreuten Portfolio sprechen, nicht geändert“, sagt Philipp Dobbert, Volkswirt der quirin bank.

„Es sprechen mehr Gründe für einen An- als für einen weiteren Abstieg des Goldpreises. Das gilt umso mehr, als der Kurssturz offensichtlich nicht durch schwache Konjunkturdaten aus China oder durch in Aussicht gestellte Goldverkäufe der zyprischen Zentralbank ausgelöst wurde, wie zunächst in vielen Medien spekuliert wurde. Sondern durch – wie auch immer motivierte – Blockverkäufe eines einzelnen Anbieters“, so Dobbert weiter.

Große Verkaufsorder

Gemäß Marktbericht der US-Rohstoffbörse Comex wurden laut quirin bank am Freitag, 12.04.2013, zu Börsenbeginn für umgerechnet 3,4 Millionen Unzen Gold-Futures mit Verfalldatum Juni auf den Markt geworfen. Laut Marktspekulationen soll es sich beim Verkäufer um die amerikanische Bank Merrill Lynch gehandelt haben. Kurz darauf sei ein weiterer Verkauf von über 10 Millionen Unzen erfolgt. Insgesamt entspreche das umgerechnet rund 400 Tonnen Gold, ungefähr 15 Prozent der jährlichen Goldminenproduktion. Die konzertierte Aktion habe wegen der in Folge auslösender Stopp-Aufträge dann zu einer regelrechten Abwärtsspirale geführt. Mittlerweile seien die Verkäufe beendet, der Preisverfall sei zumindest gestoppt worden und es sei eine leichte Beruhigung, wenn auch auf deutlich ermäßigtem Preisniveau, eingetreten.

Schlagkräftige Gründe für steigenden Goldpreis

„Insgesamt sind jetzt die Gründe, die für einen wieder steigenden Goldpreis sprechen, schlagkräftiger als diejenigen, die dagegen sprechen. Ganz grundsätzlich stellt Gold im Sinne einer vernünftigen Diversifikation einen sinnvollen Baustein in einem breit gestreuten Anlegerportfolio dar. Was aber spricht für einen steigenden Goldpreis? Paradoxerweise die derzeit herrschende Ausverkaufsstimmung. Das Investorensentiment funktioniert in der Finanzmarktanalyse immer wieder als guter Kontraindikator. Sind viele Anleger pessimistisch gestimmt, wie derzeit beim Gold, haben sie sich bereits von ihren Beständen getrennt oder spekulieren gar auf fallende Kurse. Der Nachschub für weitere Verkäufe fehlt somit oftmals. Bei den wenigen verbliebenen Optimisten handelt es sich vielfach um strategisch langfristige Investoren, die sich auch in Schwächephasen nur selten von ihren Investments trennen. Prägnant ist, dass viele Gold-Stimmungsindikatoren in den letzten Wochen extreme Negativwerte erreicht haben, was dafür spricht, dass der Preisboden bald erreicht sein könnte“, berichtet der Volkswirt.

Notenbanken, Förderkosten, Niedrigzins

Dazu komme, dass die Notenbanken derzeit eher Gold kauften als verkauften, auch wenn es wie etwa bei Zypern durchaus auch einmal zu Verkäufen kommen könnte. Vor allem die Zentralbanken der Schwellenländer nutzten Gold für ihre Währungsreserven. Der Nachholbedarf sei groß, denn der Goldanteil ihrer rasant gestiegenen Devisenreserven betrage nur einen Bruchteil im Vergleich zu den Zentralbanken der Industrieländer. China und Indien hielten lediglich zwei beziehungsweise zehn Prozent ihrer Währungsreserven in Gold – in Deutschland und den USA seien es rund drei Viertel.

Ein weiterer preisstützender Aspekt seien die Kosten der Goldförderung:

Expertenschätzungen zufolge lägen die durchschnittlichen Gesamtkosten für eine Feinunze Gold bereits bei über 1.400 US-Dollar. Das liege zum einen an gestiegenen Personal- und Energiekosten. Dazu käme aber auch der tendenziell abnehmende Goldgehalt im Gestein bei bestehenden Minen und die zunehmend kleineren Mengen an neu gefundenen Goldreserven.

Und noch ein Punkt, den die quirin bank anführt: die niedrigen Zinsen. „Gold ist unproduktiv und bringt keine Zinsen. Gold zu kaufen heißt also, auf Zinsen zu verzichten. Dieser Verzicht fällt angesichts der Niedrigzinsen derzeit sehr leicht – Unterstützung für den Goldpreis also“, meint Dobbert.

Es spreche somit einiges für einen wieder steigenden Goldpreis. Die Negativeinflüsse – schwindende Krisenängste, größere Goldverkäufe via ETFs durch Großinvestoren, eingetrübte Charttechnik – könnten kurzfristig durchaus noch einmal für weiteren Preisdruck sorgen. Dies gelte vor allem für die stark angeschlagene Charttechnik und die Tatsache, dass durchaus vorhandene Krisenmeldungen aktuell keinen ausreichenden Aufwind für den Goldpreis erzeugten. Die Phase der Preiskonsolidierung beim Gold könnte sich nunmehr noch einmal merklich verlängern. Dass der Spuk sofort vorbei sei und der Goldpreis jetzt gleich wieder nach oben schieße, sei eher unwahrscheinlich.